Sekten

 

 

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Sollte sich eine der hier namentlich genannten Fachkräfte ungerecht oder in unzulässiger Weise behandelt fühlen, so kann sich diese zur Klärung ihrer Einwände direkt an mich wenden. Der direkte Weg erspart der betreffenden Fachkraft möglicherweise Anwalts- und Gerichtskosten in erheblicher Höhe, so wie sie etwa der Diplom-Psychologe Klaus Schneider im Rechtsstreit mit Peter Thiel vor dem Landgericht Berlin hinnehmen musste.

Zur Frage der Zitierfähigkeit familiengerichtlich eingeholter Gutachten - Urteil des Landgerichtes Berlin vom 07.11.2006 - 16 O 940/05 - Landgericht Berlin - Rechtsstreit Diplom-Psychologe Klaus Schneider gegen Peter Thiel - Veröffentlicht auch in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 16/2007, 15.08.2007, S. 1324-1325

Auf Grund der an einigen Amts- und Landgerichten, so z.B. beim Landgericht Frankenthal und beim Landgericht Hamburg, möglicherweise in Einzelfällen stattfindenden richterlichen Zensur und der Beschneidung der Informations- und Meinungsfreiheit zugunsten sich hier kritisiert sehender Fachkräfte, erkläre ich vorsorglich, dass es sich auf meiner Internetseite - wenn nicht eindeutig von mir als Tatsache vorgetragen - immer um meine persönliche, verfassungsrechtlich geschützte Meinung handelt, die als solche naturgemäß weder wahr noch falsch sein kann. Mithin wird von mir auch ausdrücklich erklärt, dass es sich bei meiner Meinung, dass an einigen Amts- und Landgerichten, so z.B. beim Landgericht Frankenthal und beim Landgericht Hamburg, Zensur ausgeübt wird und die Informations- und Meinungsfreiheit zugunsten sich hier kritisiert sehender Fachkräfte beschnitten wird, um meine persönliche Meinung, nicht aber um eine Tatsachenbehauptung handelt.

 

Peter Thiel

Systemischer Berater, Systemischer Therapeut / Familientherapeut (DGSF), Verfahrenspfleger (SPFW Brandenburg) und Umgangspfleger 

09.11.2012

 

 

 

 

Schlüsselwörter: 

Anthroposophie, Guru, Rudolf Steiner, Scientology, Sektenbeauftragter, Sektenbericht, Sektierer, Zeugen Jehovas 

 

 

 

 

Sekten, religionswissenschaftlicher Begriff für zahlen- und bedeutungsmäßig kleinere Glaubensgemeinschaft, die sich von einer Mutterreligion abgespalten haben. So gibt es sektenmäßige Abspaltungen in fast allen Hochreligionen. - Sprachgeschichtlich entspricht "S" dem lateinischen "secta" und dem griechischen "hairesis" und bedeutet ursprünglich - ohne wertenden Akzent - eine bestimmte Denk- oder Glaubensrichtung. Der Begriff gewann jedoch im christlichen Raum bald den ausschließlich negativen Sinn von eigenwilliger, ja verblendeter Abweichung vom rechten christlichen Glauben und Abspaltung von der wahren kirchlichen Gemeinschaft und hatte zunächst nur im innerkirchlichen Bereich Bedeutung; als aber im 4. Jahrhundert das Christentum Staatsreligion wurde, waren christlicher Glaube und Kirchenmitgliedschaft Bürgerpflicht. Damit war der "Sektierer" als Ketzer auch gesellschaftlich und ethisch disqualifiziert.; er wurde inquisitorisch aufgespürt und durch die weltliche Macht bestraft. Diese Bedeutung hielt sich über die Reformationszeit hinaus weitgehend bis heute trotz Aufklärungs- und Säkularisation, trotz Betonung weltanschaulicher Toleranz und Ausbildung eines weltanschaulich neutralen Staates. ...

aus: "Meyers Grosses Taschenlexikon in 24 Bänden 1981

 

 

 

Aufgrund der Problematik der Verwendung des Sektenbegriffs wird in der Drucksache 13/2272 des Berliner Abgeordnetenhauses mit dem Titel 

 

"Risiken und Nebenwirkungen. Informationen zu ausgewählten neuen religiösen und weltanschaulichen Bewegungen und Psychoangeboten", Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, Berlin, Dezember 1997) der Sektenbegriff nicht verwendet, sondern statt dessen von "neue religiöse und weltanschaulichen Bewegungen und sogenannte Psychoangeboten" gesprochen (S.4).

 

 

 

Die Mitgliedschaft oder Aktivität eines Elternteils in einer sogenannten Sekte ("neue religiöse und weltanschaulichen Bewegungen und sogenannte Psychoangeboten") ist erst einmal völlig ohne Belang in Bezug auf die Elterliche Kompetenz und daraus abgeleitet auf das Sorge- oder Umgangsrecht.

Zum einen deshalb, weil in der Regel gar nicht feststeht, ob eine bestimmte Weltanschauungs-, Psycho- oder Religionsgemeinschaft mit den Grundwerten der Verfassung kollidiert. So lange dies nicht nachgewiesen ist, ist deshalb davon auszugehen dass die Mitgliedschaft verfassungskonform ist (siehe die aktuelle Diskussion um ein NPD-Verbot).

Auch wenn eine Gruppe, Vereinigung oder Gemeinschaft offiziell als problematisch ausgemacht ist, heißt das noch nicht, dass dies auch Auswirkungen auf familienrechtliche Fragen haben muss. 

So kann ja auch ein Vater seinen Lebensunterhalt mit Diebstahl sichern oder eine Mutter durch Prostitution (wobei dieser Beruf im Gegensatz zum dem des Diebes inzwischen legal ist), ohne dass beide "Berufsausübungen" zwingend zu einer Beeinträchtigung in deren Eigenschaft als Eltern führen müssen. Erst wenn nachgewiesen werden kann, dass diese Form der Beschäftigung konkrete negative Auswirkungen auf das Kindeswohl hat, so z.B. wenn die Mutter nachts anschaffen geht und dabei ihr Kind ohne angemessene Betreuung zu Hause lässt, könnte oder muss darüber nachgedacht werden, inwieweit dies bei eventuellen familiengerichtlichen Fragen Berücksichtigung finden müsste. Ähnlich dürfte dies auch bei der Mitgliedschaft in einer als problematisch geltenden Gruppe, Vereinigung oder Gemeinschaft sein.

 

 

Auf dem Satelliten der Angst

913 Sektenmitglieder hat Jim Jones 1978 in den Selbstmord getrieben. Eine ist entkommen: Deborah Layton

Von Jens Mühling

 

 

Diese Augen haben zu viel gesehen. Aus Deborah Laytons Blick spricht enorme innere Sammlung, auch dann noch, wenn die zierliche, attraktive Frau von 52 Jahren die dunklen Ecken ihrer Biografie ausleuchtet. Nur selten gerät ihr Gesicht in Unordnung, dann aber wirkt es, als brächen unter dicken Schichten von Psychotherapie Gefühle hervor, die besser ungeweckt blieben. Dann legt sich ein Schleier vor ihren Blick, und wer das sieht, begreift: Diese Augen haben zu viel gesehen.

Was sie gesehen hat, das hat sie lange für sich behalten. Erst spät entschloss sich Deborah, ein Buch zu schreiben über das Massaker von Jonestown, das nun ein Vierteljahrhundert zurückliegt. Dieser Tage erscheint „Selbstmord im Paradies“ auf Deutsch, und Deborah ist nach Berlin gekommen, um darüber zu sprechen.

Sie ist 17, als sie Jim Jones kennen lernt, einen jungen Prediger, der in San Francisco engagierte Gläubige um sich schart. Jones fordert Rassen-, Klassen- und Geschlechtergleichheit – es sind die 70er Jahre, und seine Ideen haben Konjunktur. Auch Deborah fühlt sich angezogen von dem charismatischen Prediger und seiner buntscheckigen Gemeinde, in der Schwarze und Weiße zusammenleben, Kinder und Greise, Privilegierte und Entrechtete. „Ich habe deinen Schmerz gehört“, sagt Jones. „Ich kann dir helfen, deinen Platz in der Welt einzunehmen. Wirst du den Einsatz bringen?“ Deborah Layton setzt alles auf den „People’s Temple“.

Schnell wird sie Jones’ Vertraute. Sie zweifelt auch dann nicht an seinen Ideen, als diese zunehmend kruder werden: Jones behauptet, er sei in früheren Leben Jesus und Lenin gewesen, er könne Wasser in Wein verwandeln, Wunderheilungen vollbringen. Seine Gemeinde will er vor nuklearer Auslöschung bewahren, er verknüpft Sozialismus und Erlösungsrhetorik zum bizarren Weltanschauungscocktail. „Heute mag das wirr klingen“, sagt Deborah, „aber damals wusste man kaum etwas über Sekten.“ Sie zweifelt auch dann nicht, als Jones sie vergewaltigt. „Er war unfehlbar, ich suchte den Fehler bei mir.“

Zunächst versteht es Jones, auch die politische Öffentlichkeit einzulullen. Doch als in der Presse erste Enthüllungsgeschichten auftauchen, bereitet er die Flucht vor: 1974 vereinbart er mit der sozialistisch regierten, ehemals britischen Kolonie Guyana die Aussiedelung der Gemeinde nach Südamerika. Bei Nacht und Nebel werden über 1000 Menschen in eine entlegene Dschungelsiedlung transportiert: „Jonestown“, das gelobte Land.

Erst als Deborah in Guyana ankommt, sieht sie plötzlich klar: „Ich wusste, dass ich ein Konzentrationslager betreten hatte.“ Rund um Jonestown sind bewaffnete Wächter postiert. Bis in die Nacht verrichten die Insassen Schwerstarbeit, zu essen gibt es nichts als Reisbrei. Abends veranstaltet Jones Schauprozesse, um „Verräter“ aus den eigenen Reihen zu filtern. In „Lerngruppen“ lässt er Abweichler umerziehen. Nachts inszeniert Jones Feuergefechte im Dschungel, er behauptet, die CIA bedrohe das Lager. „Ich werde oft gefragt: Warum hielt niemand diesen Wahnsinn auf? Aber wenn man mit niemandem sprechen kann, aus Furcht, denunziert zu werden, wenn jeder allein auf einem Satelliten der Angst lebt, kommt einem der Gedanke nicht.“

Immer öfter droht Jones der Außenwelt mit dem Massenselbstmord, und eines Nachts scheint der Albtraum wahr zu werden: Während eines fingierten Angriffs lässt Jones Gift verteilen – damit niemand dem Feind in die Hände fällt. Alle trinken die klebrige Flüssigkeit. Eine Stunde später erklärt Jones, das Ganze sei nur eine Übung gewesen. Kurz danach wird Deborah mit einem Spezialauftrag in die guyanische Hauptstadt geschickt und flieht in die USA. Dort alarmiert sie zunächst Politiker – erfolglos. Erst als die Presse sich einschaltet, interessiert sich ein Kongressabgeordneter für Jonestown. Doch dieser unterschätzt trotz Deborahs Warnungen die Gefährlichkeit der Sekte. Am 18. November 1978 fliegt er mit einem Fernsehteam nach Guyana. Die Expedition endet im Fiasko: Der Abgeordnete und zwei Journalisten werden erschossen, in der gleichen Nacht gibt Jones das Kommando zum Selbstmord. 913 Menschen sterben. Schwarze und Weiße, Kinder und Greise, Privilegierte und Entrechtete.

Als Jonestown von der Landkarte verschwindet, taucht auch Deborah ab. „Ich schämte mich so für das Geschehene, dass ich nicht mehr darüber reden konnte.“ Sie findet einen Job bei einer Investmentbank und stürzt sich in die Anonymität eines neuen Lebens, in dem niemand ihre Vergangenheit kennt. Sie ist 25 Jahre alt.

Jahre später, 1993, hört sie im Autoradio von der Belagerung einer texanischen Sekte durch FBI-Truppen, die die Herausgabe von Waffen erzwingen wollen. „Die Geschichte wiederholte sich. Mir war, als wüsste ich allein, dass man Menschen in dieser Lage zu gar nichts zwingen kann.“ Deborah beginnt, ihr Wissen aufzuschreiben. Erst danach, erzählt sie, sei ihr klar geworden, dass ihre Erfahrungen extrem, aber nicht einmalig waren. Die Psychologie der Selbstaufgabe für einen charismatischen Führer sei ihr wieder und wieder begegnet, wenn sie von Selbstmordattentaten gelesen habe. „Fundamentalisten wie Jones unterteilen die Welt in ein kleines ‚Wir’ und ein großes ‚Die anderen’. Sie tun das so konsequent, dass ihre Anhänger für das ‚Wir’ alles opfern. Wenn Jim damals von Selbstmordattentaten gewusst hätte, er hätte sie eingesetzt.“ Hätte sie sich dafür einspannen lassen? „Ja“, sagt Deborah, und wieder verschwinden ihre Augen hinter einem Nebelstreifen.

Ihr Buch beginnt Deborah mit der Frage, wie sie ihrer Tochter das Grauen von Jonestown vermitteln könne: „Wie kann ich ihr verständlich machen, was Menschen unter Druck zu tun bereit sind? Wie sie sich entscheiden können, sich das Leben zu nehmen, statt den Befehl zu verweigern?“ Wer ihr in die Augen gesehen hat, begreift es.

Deborah Layton liest heute um 19 Uhr 30 im Willy-Brandt-Haus aus ihrem Buch.

 

"Der Tagesspiegel", 24.11.2005

 

http://www.tagesspiegel.de/dritte-seite/index.asp?ran=on&url=http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/24.11.2005/2194186.asp#art

 

 

 

Nun sind die wenigstens als Sekten zu bezeichnenden Organisationen so gewalttätig die die Sekte von Jim Jones und dennoch gibt es wohl einen übergreifenden Kern.

 

 

 

 

 

Scientology-Organisation

 

Meint eine Gutachterin : 

 

"Nach Salzgeber (2001) sind religiöse Bekenntnisse grundsätzlich nicht auf ihre Kindeswohleignung abzuwägen."

 

 und zitiert dann Salzgeber mit den Worten: 

 

"Das Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit erlaubt es nicht, einem Elternteil allein wegen seiner Glaubensüberzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer ideologisch ausgerichteten Gemeinschaft die Ausübung der elterlichen Sorge abzusprechen.", 

 

so hat die Gutachterin Salzgeber offenbar nicht oder falsch verstanden, denn dieser spricht lediglich davon, dass "allein wegen seiner Glaubensüberzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer ideologisch ausgerichteten Gemeinschaft", niemandem die elterliche Sorge abzusprechen wäre. Dies ist natürlich eine Selbstverständlichkeit, andernfalls müsste Millionen religiös empfindenen Eltern in Deutschland das Sorgerecht entzogen werden.

 

 

Wenn eine Gutachterin meint, die Scientology-Organisation wäre eine religiöse Organisation, so muss diese Auffassung hier sehr verwundern. 

 

Der Leiter des Verfassungsschutzes in NRW Herr Baumann äußert in einem Interview für STERN 36/99

 

"...

STERN: Herr Baumann, seit zwei Jahren wird die Scientology-Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet. Hat sich das Ausspähen gelohnt?

BAUMANN: Mit Sicherheit. Allerdings mit anderem Ergebnis als gedacht. Wir haben bei den Scientologen zwar Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen unsere demokratische Grundordnung festgestellt. Die werden aber nach unseren Beobachtungen nicht konkret umgesetzt. Scientology ist - zumindest bei uns - vor allem ein Wirtschaftsunternehmen, das mit seinem Angebotsmix aus kirchlichen, religiösen, politischen und therapeutischen Elementen Menschen verführt."

 

http://www.ingo-heinemann.de/Verfassungsschutz2.htm#STERN

 

 

 

Die Bundesregierung widmet Scientology eine eigene, kritisch Stellung nehmende Informationsbroschüre ("Die Scientology-Organisation. Gefahren, Ziele und Praktiken, Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, November 1998), in deren Vorwort die damalige Familienministerin Dr. Christine Bergmann schreibt:

 

"Die `Scientology-Organisation` ist keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft. Sie ist eine weltweit organisierte Institution, die mit ihren bedenklichen und konfliktträchtigen Praktiken unter dem Deckmantel einer Religionsgemeinschaft ihre auf Gewinn ausgerichteten Geschäfte betreibt."

 

 

Wenn eine Gutachterin bezüglich eines Scientology angehörenden Elternteils schreibt: "Es konnten keine Hinweise gefunden werden, dass das religiöse Bekenntnis des Vaters zu einer Erziehungshaltung führt, die das Kindeswohl beeinträchtigt." so dürfte das zumindest hinsichtlich der Auffassung der Bundesregierung, dass Scientology keine religiöse Gemeinschaft wäre, zu hinterfragen sein.

 

Es ist einer Gutachterin durchaus zuzustimmen, wenn sie schreibt: 

 

"Für das sachverständige Vorgehen ergibt sich daraus, dass für den Einzelfall das elterliche Verhalten gegenüber dem Kind zu untersuchen ist, ...", 

 

und nicht die Weltanschauung oder religiöse Prägung isoliert zu betrachten. Doch es erscheint zweifelhaft, ob dies auch dann gilt, wenn sich in den Auffassungen einer Gruppe, Gemeinschaft oder Sekte Hinweise dafür ergeben, dass die Auffassungen dieser Gemeinschaft mit allgemein anerkannten Auffassungen über Kindererziehung kollidieren.

 

 

"Kindheit in der Scientology-Organisation

Scientologys Streben nach einer in ihrem Sinn, `geklärten` Gesellschaft bedingt auch das Angebot von Dienstleistungen für Kinder. um so früh wie möglich ihr Denken und Handeln zu beeinflussen. Eine Kindheit im eigentlichen Sinne gibt es innerhalb der Scientology-Organisation nicht. Kinder sind im Verständnis Hubbards ebenso Thetane wie Erwachsene, nur in kleineren Körpern. Kinder werden daher Erwachsenen gleichgestellt; sie sollen ebenfalls auditiert werden. Nach den in Hubbards Buch `Kinderdianetik` benannten Beispielsfällen sind Kinder ab einem Alter von 7 Jahren auditiert worden. Angesichts der bereits dargestellten Gefahren, die die Methode des Auditing in sich birgt, ist Kinder-Auditing als äußerst riskant anzusehen.

Ein Beispiel für Auditing an Kindern ist der sog. Security-Check (Sicherheits-Überprüfung) für Kinder von 6 bis 12 Jahren mit 97 Fragen. (72) Er ist geeignet, Scham- und Schuldgefühle bei Kindern hervorzurufen, wenn beispielsweise gefragt wird `Was hat dir jemand verboten zu erzählen?`, `Hast Du ein Geheimnis?`, `Hast Du jemals einen Lehrer belogen?`, `Hast Du jemals die Schule geschwänzt?`

Das Angebot für Kinder umfaßt auch die scientology-eigene Methode des `Wortklärens´. Mit dieser Art der Spracherlernung werden Kinder über die Wortdefinitionen in das scientologische Wertesystem eingeführt. Besonders problematisch ist diese Methode bei immateriellen Begriffen wie Freiheit (Definition aus der Fachwortsammlung für Dianetics und Scientology: die Fähigkeit zur Erschaffung und Plazierung von Energie oder Materie in Zeit und Raum) oder Moral (Definition aus der genannten Fachwortsammlung: ein willkürlicher Verhaltenskodex) der nicht unbedingt mit Vernunft verknüpft ist), deren scientologische Bedeutung vom üblichen Begriffsverständnis völlig abweicht. (73) Damit werden Kinder zu Außenseitem in der nicht-scientologischen Gesellschaft.

Innerhalb der Organisation werden sie wie Erwachsene behandelt und können, obwohl ihrem Alter nach noch schulpflichtig und auf ein familiäres Umfeld und liebevolle Zuwendung angewiesen, wichtige hauptamtliche `Posten` innerhalb der Organisation besetzen und auch der Elite-Organisation. der Sea-Org. angehören. Alleiniges Beurteilungskriterium für die Stellung einer Person innerhalb der Oruanisation ist deren Produktivität. Umfangreiche statistische Erhebungen lassen eine jederzeitige Uberprüfung der Produktivität zu und sind Grundlage für Belohnungen und Strafen. (74) Das Lebensalter der betreffenden Person ist ohne jeden Belang. So erscheint es geradezu folgerichtig, wenn das Wörterbuch der Organisation den Begriff Kinder redefiniert als `Personen, die keinen bezahlten Posten in der Organisation innehaben.`

Eine jugendliche Aussteigerin, die nach eigenen Angaben mit 16 Jahren in die Sea-Org nach East Grinstead, Samt Hill Manor/Großbritannien gewechselt hatte, berichtet über ihren knapp einjährigen Aufenthalt dort:

Vor Aufnahme in die Sea-Org habe sie innerhalb einer dreimonatigen Vorbereitungszeit im sog. Estates Project Force (EPF) täglich nach 8 -10 Stunden schwerer körperlicher Arbeit noch 5 Stunden lang Hubbardsche Schriften studieren müssen. Nach zahlreichen Überprüfungen und Intelligenztests sei sie letztlich in die Sea-Org aufgenommen und dem Hubbard Communication Office (HCO) zugeteilt worden. Ihr Aufgabenbereich habe darin bestanden, Post zu öffnen, herausgehende Post zu kontrollieren, neue Leute zu rekrutieren. Fluchtversuche zu vereiteln und Flüchtige zurückzuholen. Hinzugekommen sei das Studium der Schriften Hubbards, so daß auch hier ein Arbeitstag von 15 Stunden die Regel gewesen sei.

Ihre unmittelbare Vorgesetzte sei 13 Jahre alt gewesen. Die schulische Ausbildung werde als nebensächlich bewachtet Grundsätzlich sei vorgesehen, daß Kinder bis zum 16. Lebensjahr die organisationseigene Schule einmal wöchentlich, am Samstag, besuchen durften. Dies sei aber nur unter der Voraussetzung möglich, daß man eine Vertreterin auf dem `Posten` benennen könne, was selten gelänge. Selbst der versprochene Lohn von 30 Pfund die Woche sei nur unregelmäßig gezahlt worden.

Seit ihrem Ausstieg im Herbst 1996 bemühe sie sich um ein normales Leben. Es sei schwierig. Freunde zu finden und Kontakte zu Gleichaltrigen zu knüpfen. da sie für ihr Alter viel zu erwachsen wirke. Den Realschulabschluß hole sie nach: nicht nachholen könne sie ihre verlorene Kindheit.

 

aus: "Die Scientology-Organisation. Gefahren, Ziele und Praktiken"

Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, November 1998, S. 32-35

 

 

 

 

Religiöse Bekenntnisse und Weltanschauungen, was immer der einzelne darunter verstehen mag, können sehr wohl ein Kriterium für die Frage sein "welcher Elternteil zur Betreuung und Erziehung des Kindes am besten geeignet ist", nämlich dann, wenn das Kindeswohl davon nachhaltig berührt ist. So wird wohl niemand auf den Gedanken kommen, einer Mutter oder einem Vater das Kind zu belassen, wenn die Eltern das Kind in satanische Praktiken einbeziehen würden. Im Jahr 2003 machte in Berlin der Fall eines Vaters Schlagzeilen, der sein ca. sechsjähriges Kind bei einer antiisraelischen Demonstration mit einer Bombenattrappe "kostümierte", der Vater musste sich zu Recht vor dem Gericht dafür verantworten.

Auch die Erziehung in der DDR ist zu Recht dafür kritisiert worden, dass dort Kinder in unzulässiger Weise indoktriniert wurden.

 

In bestimmten Fällen wird abzuwägen sein, in welcher Form Weltanschauungen, so z.B. bei einem rechtsextremistisch orientieren Elternteil, direkte Auswirkungen auf das Kindeswohl haben, so z.B. durch eine massiv autoritäre Erziehung. Wenn der andere Elternteil, resultierend aus einem toleranteren Weltbild kindgemäßere Erziehungsmethoden anwendet, wird dies bei einem Streit der Eltern um die überwiegende Betreuung des Kindes ein Argument dafür sein, das Kind in die Betreuung des toleranteren Elternteils zu geben.

 

Im Hinblick auf die Zugehörigkeit eines Elternteils zur Scientology-Organisation, müsste eine Gutachterin wohl untersuchen, ob dies im Hinblick auf die familiengerichtliche Beauftragung: "Zu der Frage, welcher Elternteil zur Betreuung und Erziehung des Kindes am besten geeignet ist und wo der Aufenthaltsort des Kindes sein soll ..." von Relevanz sei. Dies mit dem Hinweis abzutun, dass Scientology eine religiöse Organisation wäre., dürfte im Hinblick auf den Standpunkt der Bundesregierung nicht ausreichen.

 

 

 

 

Literatur:

"Risiken und Nebenwirkungen. Informationen zu ausgewählten neuen religiösen und weltanschaulichen Bewegungen und Psychoangeboten", Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, Berlin, Dezember 1997).

"Die Scientology-Organisation. Gefahren, Ziele und Praktiken", Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, November 1998, S. 32-35

 

 

 

 

Rechtsprechung:

Elterliche Sorge wenn Mutter den Zeugen Jehovas angehört.

Amtsgericht Helmstedt - Familiengericht Beschluss vom 21.03.2007 -  5 F 143/06 SO

veröffentlicht in "FamRZ"" 2007, 1837 mit Anmerkungen von Hessler, S. 1838, und Anmerkungen von Weychardt, FamRZ 2008, 632, weitere Anmerkungen von Rechtsanwalt Arnim Pikl in "FamRZ" 15/2008 

 

 

 

 


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